2. Grundlagen
2.3.1. Altersbilder
Das Alter eines Menschen ist die Lebenszeit, die seit der Geburt (oder seit der Zeugung) vergangen ist. Altern beginnt also mit der Geburt und endet mit dem Tod und bedeutet, dass der Mensch sich durch den Verlauf der Zeit in seiner Beschaffenheit ändert. Soweit herrscht ein die wissenschaftlichen Disziplinen übergreifender trivialer Konsens. Doch bereits die Frage, ob Alter nicht nur als Chronologie verstanden werden kann, also ob es noch andere Formen des Alters gibt, und ob es überhaupt sinnvoll ist, andere Formen des Alters anzunehmen, spaltet die Geister. Die Aussage "Man ist so alt, wie man sich fühlt" ist allgemein bekannt und impliziert, dass es eine für alle Menschen verbindliche einheitliche Vorstellung vom Alter nicht gibt. Altsein wäre danach reine subjektive Befindlichkeit und je nach Situation oder Kontext ließen sich wahrscheinlich unzählige Altersdefinitionen konstruieren. Es gibt sicherlich viele 70- oder 80jährige, die sich nicht als alt einstufen würden. Begrifflichkeiten wie "Alter", "alte" oder "ältere Menschen" sagen also für sich wenig aus. Auf der einen Seite betrachten sich wohl die wenigsten als alt, nach dem Motto, alt sind immer die anderen. Auf der anderen Seite sind in der gerontologischen Literatur, wenn von alten oder älteren Menschen die Rede ist, fast immer die über 60- oder 65jährigen gemeint, obwohl sich jene Personen möglicherweise gar nicht als alt bezeichnen und das Alter auch nicht mit einer Zahl wie 65 beginnen lassen würden. Trotz dieser Diskrepanzen postuliert die Gerontologie einen Altersbegriff, der sich immer auf die Gruppe der über 65jährigen bezieht und er wird terminologisch weit ausdifferenziert: "biologisches Alter", "physiologisches Alter", "psychologisches Alter", "funktionales Alter", "ökologisches Alter", "kognitives Alter", "soziales Alter" u. a. Man ist also alt, wenn man in eben diesen Bereichen Beeinträchtigungen erkennen lässt oder wenn Veränderungen stattfinden, die als Nachteil empfunden werden, z. B. verminderte Sprachverarbeitung und Wahrnehmungsgeschwindigkeit beziehen sich auf psychologische Alternsprozesse, oder Mangel an zwischenmenschlichen Beziehungen und sozialen Rollen beziehen sich auf soziale Aspekte des Alterns. Dies bedeutet jedoch nicht, dass in anderen Bereichen ebenfalls Verluste festzustellen sind.

Heutige Auffassungen über das Alter sind jedoch auch immer Ausdruck der gegenwärtigen gesellschaftlichen Strukturen und ihrer vorherrschenden Deutungsmuster. Altersbilder sind also nicht nur subjektive Befindlichkeiten sondern auch gesellschaftliche Ideen oder "Kommunikationskonzepte" (Schroeter 2002: 23), die z. B. bestimmte Rollen und Verhaltensweisen für den Lebensabschnitt des Ruhestands beinhalten. Altsein kann so privilegierend oder stigmatisierend wirken - je nachdem, ob in der Gesellschaft das Bild des weisen und gerechten Greises oder das Bild des gebrechlichen, verwirrten und hilfebedürftigen Alten dominiert. Der Großteil gerontologischer Studien zum Altersbild in der Gesellschaft verkündet ein "negatives Altersbild", welches jedoch gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben soll. In Bezug auf die Einstellung der gegenwärtigen Gesellschaft zum älteren Menschen konstatieren also die gerontologischen Wissenschaften, dass das in unserer Gesellschaft weit verbreitete Bild des in jeder Hinsicht benachteiligten älteren Menschen nicht der Realität entspricht und "weitgehend auf stereotypen Vorstellungen beruht, die durch Verallgemeinerungen von Einzelfällen zustande gekommen sein mögen" (Lehr 1991: 283f.). Oder ähnlich wird es auch in anderen Fachbüchern formuliert: "Psychologen und Soziologen haben in den vergangenen drei Jahrzehnten viel Energie darauf verwendet, das Bild vom alten Menschen in unserer Gesellschaft zu ermitteln und auf seine Elemente hin zu untersuchen. Die einschlägigen Studien kommen dabei im Großen und Ganzen zum gleichen Ergebnis: Im Bild vom alten Menschen herrschen negative Züge vor. Mit dem Alter werden gewöhnlich Eigenschaften wie 'inflexibel', 'einsam', 'krank', 'hilfebedürftig' usw. verbunden. Beim Zustandekommen dieses Bildes spielt die unreflektierte Übernahme von Gehörtem und Gelesenem ebenso eine Rolle wie die Verallgemeinerung von Einzelerfahrungen" (Braun 1992: 27). Niederfranke u. a. gehen davon aus, dass es eine andere "Realität des Alters" gibt, dass ältere Menschen ganz anders sind und ganz anders leben, als weithin angenommen wird und auch sie stellen fest, dass "die zugrunde liegenden Altersbilder negativ getönt sind, weil implizit oder explizit unterstellt wird, es finde im Laufe des Lebens und insbesondere im Alter ein ständiger Abbau der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit statt" (Niederfranke u. a. 1999: 12). Den älteren Menschen geht es also gar nicht so schlecht, wie weithin angenommen wird, im älter werden liegen vielmehr Potentiale, und, darüber hinaus, verläuft altern wesentlich differenzierter und individueller, als weithin vermutet. Aber Altersbilder entstehen nicht im luftleeren Raum. Bei der Auseinandersetzung um Altersbilder gelten oftmals die Medien als Urheber und das, was im Fernsehen, in der Presse, in der Werbung vermittelt wird, "entspricht oft nicht der Wirklichkeit des Alter(n)s". So werden hauptsächlich die "Probleme des Alters" und weniger die Vorzüge oder Kompetenzen Älterer behandelt und vor allem Presseberichte konzentrieren sich auf Themen wie "Altenlast" oder "Pflegelast" oder Fragen der Heimversorgung - 40 % der Presseberichte - und "nur" 16 % befassen sich mit den "aktiven Alten" (Niederfranke 1999: 35, 40).15 Allerdings ist ja gerade die Pflegeproblematik als zurzeit schwerwiegendstes Altersproblem ein notwendiger Fokus in der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung, um zu Lösungen zu kommen, und nicht das altern nicht-pflegebedürftiger Menschen. Welches Altersbild dadurch dann potentiell vermittelt wird, ist im Grunde genommen unwesentlich. Niederfranke kritisiert auch, dass das Fernsehen alte Menschen in erster Linie als Kranke oder Sterbende oder als passive Opfer gesellschaftlicher Verhältnisse zeigt, wobei die alten Menschen selten selber dazu gefragt werden, so dass sie eher wie "Statisten" wirken. Außerdem sind Menschen, die älter als 65 sind, in Filmen oder Serien, oder überhaupt im Fernsehen, nur äußerst selten vertreten, und wenn, dann handelt es sich i. d. R. um Männer aus höheren sozialen Schichten (Niederfranke 1999: 37f.). Tews dagegen spricht von einem insgesamt positiven Altersbild, welches das Fernsehen (zumindest in fiktiven Fernsehprogrammen) produziert - nicht arm, nicht krank, nicht hilflos, und betont den Trend zur Veränderung, wonach die Älteren immer häufiger auch als Fernsehcharaktere und zur Hauptsendezeit, darunter auch in Serien mit weiblichen und älteren Hauptdarstellern, sichtbar gemacht werden (Tews 1995: 76). Auch bei der Werbung wird ein positiver Trend festgestellt, d.h. es gibt häufiger Werbung mit älteren Menschen, wobei jedoch hauptsächlich mit "jungen Alten" geworben wird, die zudem körperlich fit und physisch attraktiv sind und in gut situierten Verhältnissen leben. Dementsprechend werden sie häufig in Verbindung mit Qualität- bzw. Luxusgütern gebracht. Dass es sich hierbei um ein zwar positives aber sehr einseitiges Altersbild handelt, welches die Werbung vermittelt, ist nicht von der Hand zu weisen, jedoch liegt es ja gerade in der Logik der Werbung, nur Positives und Schönes darzustellen. Werbung hat nicht den Auftrag, die Realität darzustellen, somit kann man ihr auch keinen Vorwurf machen, diese positiv oder negativ zu verzerren.
Vor dem Hintergrund der Thematik dieser Arbeit wollen wir auch einen Exkurs zu Befunden zum Altersbild des Pflegepersonals als derjenigen Berufsgruppe unternehmen, die den intensivsten Kontakt vor allem zu den alten Alten hat und damit überdeutlich auch mit der negativen Seite des Alters zu tun hat. Lässt sich daraus ein Altersbild des Heimbewohners rekonstruieren? Eine Vielzahl von Studien konnte nachweisen, dass das Pflegepersonal dazu neige, alten Menschen in übergeneralisierender Weise Unselbstständigkeit und Abhängigkeit zuzuschreiben und sie mit Hilfsangeboten und Unterstützungsverhalten zu überschütten und so die Abhängigkeit fortlaufend zu verfestigen. Gleichzeitig wird autonomes oder selbstständiges Verhalten durch das Pflegepersonal ignoriert oder bestraft, wodurch sich der Stereotyp des hilfsbedürftigen und passiven Menschen bei den alten Menschen selber verfestigt und stereotypkonformes Verhalten fördert. Solche stereotypgeleiteten Wahrnehmungen seitens des Pflegepersonals führen folglich dazu, dass gerade jene Altenheimbewohner als "unangenehm" charakterisiert werden, die ein hohes Maß an Selbstständigkeit aufzeigen, und diejenigen Bewohner, die sich unselbständig und abhängig verhalten, als "umgänglich" eingeschätzt werden (Filipp, Mayer 1999: 198ff.). Aus diesen Befunden geht nun kein eindeutig negatives Altersbild des Pflegepersonals hervor, sondern einzig die Feststellung eines berufsbedingten Verhaltensmusters. Es sind wohl weniger die eigentlichen Einstellungen der Pflegepersonen gegenüber den Alten, die die Arbeit mit ihnen steuern, sondern vielmehr die Arbeitsverhältnisse und die strukturellen Bedingungen (hohe Fluktuation, häufiger Krankenstand), unter denen solche Verhaltensweisen zwangsläufig entstehen, eben jene, die die Pflegearbeit am effektivsten gestalten. Fraglich ist, ob jemand den Beruf des Altenpflegers überhaupt wählen würde, der ein grundlegend negatives Altersbild hat und der alte Menschen in Heimen schon von vornherein als abhängig und unselbständig charakterisieren würde. Solche Verhaltensweisen, wie oben angesprochen, entwickeln sich u. E. erst im Laufe der Zeit und basieren nicht auf einem negativen Altersbild sondern sind wohl eher Symptom einer zunehmenden Desillusionierung in Zusammenhang mit dem Berufsbild, wodurch es eben nicht möglich ist, über die Basispflege hinaus in irgendeiner Form motivierend tätig zu werden. Nicht das Verhalten des Pflegepersonals trägt zu einer Verfestigung der Vorstellung vom hilfsbedürftigen und einsamen Heimbewohner bei, sondern das System des Heims.
Der Grund, warum die Gerontologie ein negatives Altersbild in der Gesellschaft überhaupt als Problematik auffasst und das neue, positive Altersbild proklamiert, liegt in der Überzeugung, dass alte Menschen eben jenes (als falsch identifizierte) negative Bild internalisieren, es in ihr Selbstbild übernehmen, und ihr Verhalten danach ausrichten. Alte Menschen sind nur deshalb einsam und hilfsbedürftig, weil man es von ihnen erwartet, obwohl sie es eigentlich nicht wären, würde man nicht davon ausgehen. Lehr kommt zu dem Schluss, dass "es vorwiegend die Einstellung der anderen Menschen ist, die einen oft zu ,altersgemäßen' Verhaltensweisen zwingt, weniger aber die eigenen Wünsche oder etwa das Nachlassen von Fähigkeiten" (Lehr 1991: 287). Lehr beschreibt hier Pflegebedürftigkeit im Grunde als self-fulfilling-prophecy - sie tritt also ein, weil es die Gesellschaft vorausgesagt hat. Unserer Ansicht nach ist eher vorstellbar, dass ältere Menschen solche Erwartungen auch variieren oder sogar ignorieren und somit "altersgemäße" Verhaltensmuster bewusst in Frage stellen und sich vielmehr z. B. aufgrund von Erkrankungen, die sie nicht verhindern können, in die Pflegebedürftigkeit begeben. Auch Tews zweifelt an der These, wonach das Fremdbild das Selbstbild bestimmt und er warnt davor, die Beziehung zwischen der Selbsteinschätzung ("ich bin alt.") und dem tatsächlichen Verhalten (".und deshalb verhalte ich mich so") nicht zu überschätzen (Tews 1995: 91ff.). Ob Fremd- und Selbsteinschätzungen de facto individuelles Verhalten steuern oder beeinflussen ist u. E. nicht von entscheidender Relevanz. Von größerer Bedeutung ist das Bewusstsein auf politischer Ebene über die Probleme des Alters - die auch durch ein positives Altersbild nicht gemindert wären - und deren Lösungsbedarf.
Die Diskussion um Altersbilder bewegt sich immer im Spannungsgefüge zwischen positiver und negativer Sichtweise. Indem "junge" von "alten" Alten unterschieden werden oder man mit Begrifflichkeiten wie "drittes" und "viertes" Lebensalter zu klassifizieren versucht, wird die polarisierende Diskussion um das Altersbild in der Gesellschaft verstärkt. Die Terminologie verdeutlicht eine Aufspaltung zweier gegensätzlicher Altersbilder: so stehen sich das "negative, defizitorientierte" und das "positive, produktivitätsorientierte" Altersbild gegenüber, wobei sich ersteres auf die alten Alten und letzteres auf die jungen Alten bezieht. Unter den "jungen Alten" oder Menschen im so genannten "dritten Lebensalter", also Menschen unmittelbar nach Austritt aus dem Erwerbsleben, werden Personen verstanden, die durch "eine allgemein gute Ausstattung mit gesundheitlichen, materiellen, sozialen und kulturellen Ressourcen, noch kaum spürbaren altersbedingten Einschränkungen und verbunden mit neuen Möglichkeiten einer aktiven, selbstbestimmten und mitverantwortlichen Lebensgestaltung" (BMFSFJ 2001: 66) gekennzeichnet sind. Typisch für das hohe Alter oder das so genannte "vierte Lebensalter" (75 bis 80 Jahre und älter) ist eine Zunahme gesundheitlicher Probleme und damit verbunden ein erhöhtes Risiko der Pflegebedürftigkeit, wodurch Selbstbestimmung und Aktivität erschwerte Voraussetzungen bekommen. Tews vertritt die Ansicht, dass es in Zukunft zu einer noch stärkeren Polarisierung des Altersbildes kommen wird und dass es gleichzeitig zu einer Verbesserung des jungen Altersbildes kommen wird, "wenn durch frühe Entberuflichung die Aufwertung einer als eigenständig wahrgenommenen Altersphase erfolgen kann" (Tews 1995: 10, 22). Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, dass es zu einer Verschlechterung des alten Altersbildes kommen wird, durch die zunehmenden Probleme (Krankheit, Wohnen im Heim), die mit Hochaltrigkeit verbunden sind. Das positive Konzept vom Alter, das auf mehr Mobilität, sozialer Integration und hoher Aktivität gründet und dem "jämmerlichen" Bild des Alters gegenübersteht, erklärt den Alten einfach dadurch zum jungen (Alten), indem es sich den Werten der Jugend - kreativ, innovativ, flexibel und mobil - zuwendet und diese auf das Alter überträgt. Dieser "neue" Stereotyp des jungen Alten, der beinhaltet, dass jeder bis ins hohe Alter trotz allem irgendwie jung bleiben kann, wird von Willems als unmittelbarer Ausfluss der Moderne aufgefasst: "Alten Menschen etwas Gutes tun, heißt in unserer Gesellschaft nicht mehr, sie in Ruhe alt werden zu lassen, wenn ihnen danach ist, sondern ihnen zeigen, wie lange und auf welche Weise, mit welchen Mitteln und Mittelchen sie heute auch im Alter jung bleiben und an der Dynamik der modernen Welt teilhaben können. [.] So stehen wir vor dem höchst zwiespältigen Befund, dass die Modernisierungsmaschine dank ihrer ökonomischen Erfolge dem Menschen in der Moderne zwar die Rente beschert [.] hat, dass sie ihm aber für die Ausbildung eines spezifischen Selbstbewusstseins und Selbstwertgefühls als alter Mensch über die Sicherheit der Rente hinaus offenbar nicht viel mehr zu bieten hat als die zweifelhafte Perspektive, möglichst lange jung zu bleiben." (Willems 2001: 50ff.). Ständiges Streben nach Flexibilität, Mobilität und Fitness zum einen und Selbstakzentuierung und Eigenverantwortung zum anderen wird von der Moderne zur Normalität erklärt - ohne dass das Alter jedoch davon ausgenommen wird. Indem man das Alter mit jugendlichen Attributen belegt, versucht man, der Gefahr bzw. dem unsicheren Abenteuer Alter vorzubeugen. Schroeter spricht vom "regulativen Ideal, von der modernisierten Formel des ,survival of the fittest'", gegründet auf Freiheit, Wohlbefinden und Gesundheit, und das man nun "paradoxerweise auch auf den Alten- und Pflegebereich zu übertragen versucht" (Schroeter 2002: 148). Solange Alter also aktiv, produktiv und kompetent ist, muss es nicht problematisch verlaufen. Schroeter kritisiert hier, dass die wissenschaftliche und gesellschaftliche Aufwertung eines positiven, produktivitätsorientierten Altersbildes zu einem Leitkriterium der alltäglichen Lebensführung wird - also zu einer "normativen Verpflichtung". Unabänderlich bleibt dennoch die Tatsache, dass Alter an Endlichkeit, Krankheit und Tod gebunden ist und daran kann auch ein positives Alterskonzept, oder die propagierte Ersetzung des "Defizitmodells" durch ein "Kompetenzmodell", nichts ändern. Auch wenn im 3. Altenbericht der Bundesregierung empfohlen wird, "den Umgang mit Altersbildern kritisch zu reflektieren, sich vor Überbewertungen und Polarisierungen in negative und positive Sichtweisen zu hüten" und "die häufig getroffene Annahme eines in unserer Gesellschaft dominierenden negativen Altersbildes nicht vorauszusetzen" (BMFSFJ 2001), so muss trotzdem die biologische Altersrealität mit all ihren negativen Begleiterscheinungen gesehen werden, der sich niemand entziehen kann. Möglicherweise hat gerade die Ausweitung bzw. Übertragung des positiven Altersbildes auch auf den Pflegebereich zur Folge, dass die Alten in den Heimen - gezwängt in ein umfassendes Aktivierungs- und Rehabilitationskorsett zur Erhaltung oder Wiedererlangung des modernen Fitnessideals - vereinsamen, da sie zwar therapiert werden, ihnen aber kein Leben ermöglicht wird.

15 Andererseits muss auch festgestellt werden, dass Nachrichten über den Alltag gesunder, alter Menschen, die ohne Probleme durchs Leben gehen, wahrscheinlich nicht hinreichend attraktiv wären, um in die Nachrichtenauswahl zu kommen. Die Frage aber, ob die Ereignisse, über die die Journalisten berichten, auch unabhängig von der Berichterstattung vorgegeben sind oder ob die Realität, über die die Massenmedien berichten, eine Folge der Berichterstattung ist, kann an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden, zumal es dazu auch innerhalb der Medienwirkungsforschung verschiedene Positionen gibt. Würde man aber die Existenz einer gesellschaftlichen Realität bestreiten, würde man den Medien ein Monopol für die Definition sozialer Realität zusprechen, wodurch jedoch zugleich ihre Tätigkeiten gegen jede Kritik von außen immunisiert wären.